Wandern im Pfälzerwald 2500 Jahre Geschichte in drei Stunden: Kurze Weilach-Doppelrunde bei Bad Dürkheim
Zumindest bei der ersten Attraktion unserer Tour hatte der Gottseibeiuns seine Höllenfeuerfinger im Spiel. Erzählt jedenfalls eine Sage. Demnach half der Teufel ungewollt beim Bau des Klosters Limburg mit, im Glauben, er errichte dort ein Wirtshaus. Den Bären hatte ihm ein listiger Maurer aufgebunden. Als der Höllenfürst den Betrug bemerkte, wollte er die neue Klosterkirche mit einem mächtigen Felsbrocken zertrümmern. Doch der wurde in seinen Händen weich wie Wachs und blieb am Berg, der dem Kloster gegenüberliegt, kleben.
Vom Wanderparkplatz beim Forsthaus Weilach aus erreichen wir diesen Teufelsstein nach dem ersten Kilometer. Der mit neuzeitlichen Ritz-Graffitis übersäte Sandsteinmonolith liegt in der Tat so da, als hätte ihn jemand Ungeheures einfach so herabplumpsen lassen. Dank der „Fingerabdrücke“ des Teufels – fünf in den Felsen gekerbten Stufen – kann man den Klotz erklimmen, um hinüber zur Limburg zu spähen.
Keltische Heidenmauer
Nach diesem sagenhaft diabolischen Auftakt lotst uns der römische Steinhauer, der den Rundweg Teufelsstein-Kriemhildenstuhl markiert, zur Heidenmauer. Diese katapultiert uns, chronologisch betrachtet, zurück in die antike Eisenzeit, genauer an die Epochenschwelle zwischen Hallstattzeit und Latène-Ära, wie der hier aufgestellte Ritterstein informiert. Um 500 vor Christus errichtete ein keltischer Volksstamm auf der Kuppe des Kästenbergs eine Höhensiedlung, die ein insgesamt zweieinhalb Kilometer langer Ringwall umgab. Diese Schutzmauer bestand aus einem fachwerkartigen Holzgerüst, das mit geschichteten Bruchsteinen aufgefüllt wurde. „Murus Gallicus“, also gallische oder keltische Mauer, nennen die Archäologen diesen Bautyp.
Nach nur 30 oder 40 Jahren, so haben Forscher herausgefunden, wurde die Siedlung, warum auch immer, wieder aufgegeben. Die Galliermauer wurde niedergelegt, damit kein anderer Stamm sich hier einnisten konnte. Das Holz verrottete mit der Zeit. Was vom Wall überdauerte, gleicht einem Strom aus grün bemoosten Steinen, der sich durch den Wald nordwestlich von Bad Dürkheim wälzt. Es lohnt sich, hier von der eigentlichen Route abzuweichen und das 26 Hektar große Heidenmauer-Areal zu durchstreifen. Denn wie sich an diesem Punkt der Haardt Natur und Hinweise auf eine untergegangene Zivilisation miteinander verbinden, ist von eigenem stillem Reiz.
Kaiser-Wilhelm-Höhe und Kriemhildenstuhl
Zurück auf dem markierten Wanderweg geht’s weiter in südlicher Richtung. Die Kaiser-Wilhelm-Höhe erfreut an klaren Tagen alle, die es nach Dürkheim-Panorama gelüstet. Wer indes nicht nur die Aussichtsplattform erstürmt, sondern das turmartige Bauwerk auch umrundet, wird feststellen, dass es den Ausblick mit einem Rückblick auf deutsche Geschichte vor dem Ersten Weltkrieg verbindet. Denn das 1888 vom Drachenfels-Club errichtete Denkmal huldigt dem preußischen König Wilhelm I., der mit Bismarcks Reichsgründung 1871 zum Deutschen Kaiser avancierte.
Preußen, Kelten, sagenhaftes Mittelalter – auf dieser Wanderung eilt man in Siebenmeilenstiefeln quer durch die Zeiten. Nur ein paar Schritte weiter, und man landet bei den Römern. Im zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhundert wurden oberhalb von Bad Dürkheim Steinblöcke gebrochen, um damit in Mogontiacum, dem römischen Mainz, Gebäude zu errichten. So entstand ein Steinbruch, den spätere Zeiten partout mit den Burgundern und dem Nibelungenlied in Zusammenhang bringen wollten, wodurch sich der ziemlich unrömische Name Kriemhildenstuhl etablierte.
Dem in Kunstgeschichte bewanderten Wanderer, der in die von Menschen kantig zerklüftete Geologie hinabsteigt, kommt indes ein ganz anderer Bezug in den Sinn: Diese Landschaftskulisse aus unregelmäßig-kubischen Formen in Grau, Beige und Ocker, hier und da durchwirkt von etwas pflanzlichem Grün – erinnert das nicht verblüffend an ein Gemälde von Paul Cézanne? Die Verbindung von architektonischem und organischem Moment, die der Franzose in seiner Malerei suchte, zeigt sich im Kriemhildenstuhl als dreidimensionale Wirklichkeit, in die zusätzlich ein paar „Geheimnisse“ eingestreut sind. Denn die Angehörigen der 22. Legion, die hier rackerten, haben auf den Felswänden kleine Ritzzeichnungen und Reliefs hinterlassen. Hier ein Pferdchen, dort einen Phallus, hier einen Jäger mit zwei Speeren, da das Feldzeichen der Legion. Die meisten dieser Felsbilder sind schwer zu entdecken. Pfeile und ein Hinweisschild helfen bei der Suche im Steinbruch.
Auf dem Rückweg zum Forsthaus Weilach kommen wir zuerst an der Schaeferwarte vorbei, einem runden, im sachlichen Bauhaus-Stil der späten 1920er-Jahre erbauten Ausflugstempel, etwas später dann an der Waldgaststätte Schützenhaus, die bürgerliche Küche serviert.
Epilog mit PWV-Hütte: Rundweg Ruine Weilach
Zurück am Startpunkt unserer Geschichtsexpedition hängen wir an die knapp sechs Kilometer lange Kriemhildenstuhl-Runde einfach noch eine Zwei-Kilometer-Schleife nahtlos dran: Eine langgestreckte Feuchtwiese rahmend bringt uns der „Rundweg Ruine Weilach“ zunächst zu einer an Wochenenden bewirtschafteten Hütte des Pfälzerwald-Vereins und schließlich zu den spärlichen Mauerresten eines Hofguts, das den Grafen von Leiningen gehörte. Urkundlich erstmals erwähnt wurde dieser Weilacher Hof 1381. 1790 wurde er von einer Räuberbande überfallen und niedergebrannt. So birgt selbst die auf den ersten Blick doch recht unscheinbare Hofruine eine interessante Geschichte.
Pfalz-Pfade Weilach: Rundweg Teufelsstein-Kriemhildenstuhl (5,8 km, 151 Höhenmeter) und Rundweg Ruine Weilach (2 km, 46 Höhenmeter); Schwierigkeitsgrad: jeweils leicht. Start: Parkplatz Weilach. Dauer der beiden kombinierten Touren etwa 3 Stunden (reine Gehzeit ca. 2 Stunden), Einkehrmöglichkeiten am Weg: PWV-Hütte in der Weilach, Waldgaststätte Schützenhaus; an der Landstraße zum Parkplatz am Forsthaus Weilach liegt außerdem das Hotel-Restaurant Annaberg mit Outdoor-Weinausschank und zünftigem Speisenangebot